Der Urort
von Alke Brinkmann
erschienen im Juli 2015
Den „Urort“ findet sie im europäischen Wald. Ihre Kompositionen ziehen den Betrachter unmittelbar in das Bild hinein. Es lässt ihn Teil werden und dient ihm nicht als Kulisse wie das vielleicht bei einer Landschaft, die durch Horizontalen gegliedert ist, eher der Fall sei könnte. Der Wald besteht aus Gegensätzen und Kontrasten: aus Chaos und Ordnung, aus Licht und Schatten, aus Hartem, wie Weichem. Der Wald ist ein Schauplatz, in dem alles passieren kann. Er dient als Projektionsfläche für die Künstlerin, die die Betrachter dazu einlädt, ihre Waldsicht nachzuvollziehen oder sie als Ausgangspunkt für eigene Assoziationen zu nutzen. Der Wald ist Schauplatz vieler Geschichten, in der griechischen Mythologie wird er verkörpert von Artemis, Shakespeares nutzt ihn in seinem Sommernachtstraum als Ort, in dem die Geister leben und in dem Unvorhergesehenes geschieht. In den Märchen der Gebrüder Grimm ist er ein Ort der Bedrohung, hier wohnen der Wolf, der Rotkäppchen frisst, die Hexe, die Hänsel gefangen nimmt, Rumpelstilzchen und viele andere mehr.
Katharina Albers hat sich dem Wald genähert, indem sie zuerst im Wald zeichnete. Später hat sie im Atelier aus der Erinnerung Bilder geschaffen. So entstanden eine Serie von Lithographien und ihre aktuellste Arbeit, ein großes Tableau, bestehend aus ca. 130 gerahmten A4 Zeichnungen. Die Künstlerin schützt ihren Wald vor Eingriffen, indem sie ihre Zeichnungen rahmt und bezieht den Betrachter mit ein, der sich in den Rahmen spiegelt. Jede Zeichnung ist ein Ausschnitt eines ca. drei mal zwei Meter großen Bildes. Einige der Einzelbilder sind ausgetauscht gegen weiße oder schwarze monochrome Blätter, die den Betrachter anregen sollen, diese Leerstellen mit eigenen Gedanken zu füllen. Außerhalb des rechteckigen Rasters des Gesamtbildes wird dieses durch einzelne Zeichnungen fortgesetzt und verteilt sich so im Raum. Der Wald ist endlos. Er darf, soll weiter gedacht werde.